Wir waren Theo Gerstls staubigen Spuren bis zur Jausenstation "Gostice Planinski Dom" gefolgt und ließen uns von der freundlichen Wirtin mit Getränken und Palatschinken verwöhnen. Der Seeberg hatte uns an einem strahlend schönen Tag nach Slowenien gebracht. Eine kleine Orientierungsfahrt an der Schnellstraßenkreuzung vor Kranj und die Eigenheit, dass es die Einstiegsortschaft zur Tour, Lipnica, zweimal gibt,  waren die Würze der Anreise. Dann lotste uns Heinz nach Gerstls Roadbook die Forststraße durch den Wald zur Hütte. Die Staubwolken begleiteten uns dicht und flauschig, bis wir bei Rotvarica die Asphaltstraße nach Bohinjska Bistrica erreichten. Zum Camp am Bohinjsko See rollten wir mit reizvollen Ausblicken  auf das türkisfarbene Wasser. Wir suchten uns im Wald einigermaßen waagrechte Stellplätze und machten uns auf den Weg zum Strand. "Das Wasser ist warm," lockte mich Heinz in die klaren Fluten. Es sah zwar nicht so aus, die warmen Quellen im See bescherten uns aber ein wunderbares Badeerlebnis. Auch die Forellen aus dem See schmeckten, als hätten sie einige erfreuliche Badetage erlebt. Der nächtliche Regen erwischte Martin in seinem Feldbett. Er stellte einen neuen Rekord im Planenspannen auf, während wir Autoschläfer uns bloß in den Schlafsäcken umdrehten.

Am nächsten Tag folgten wir Gerstls Route 2 und rollten im Nieselregen die Radovna entlang. Bei Kranjska Gora hörte der Regen auf und spätestens als wir die Soca ( Isonzo ) bei Bovec erreichten, hofften wir auf Wetterbesserung. Die genossen wir bei der Auffahrt auf die Nordflanke des Stol. Im ersten Weltkrieg hatten die Italiener auf diesem Berg massive Stellungen angelegt. Sie hielten diese damals für uneinnehmbar und wir konnten es ihnen bei unserer Bergfahrt nur nachfühlen. Trotzdem wurde im Oktober 1917 der Berg  von deutsch-österreichischen Truppen gestürmt. Ein Gefühl für die Rauheit dieses Bergs überkam uns, als uns auf der Almhöhe innerhalb weniger Minuten ein Regensturm in wallende Nebelfetzen hüllte. Kurz darauf war der Spuk vorbei und wir rollten hinunter ins Camp Koren nach Kobarid. Der einsetzende Sonnenschein weckte unsere Unternehmungslust und wir nahmen den Stol von der Südseite in Angriff. Bei Sedlo führte der Weg unauffällig in den Wald. Erst einige Serpentinen später wußten wir, dass wir den richtigen Weg erwischt hatten, als über uns der kahle Steilhang mit den eingeschnittenen Serpentinen aufragte. Fast 10km ging es auf diesem aussichtsreichen Pfad dahin. Dann standen wir an der gleiche Alm, die uns bereits die Überfahrt von der Nordseite blockiert hatte. Geschlossene Schranken respektieren wir immer. Vielleicht könnte man den Betreiber der Alm ausfindig machen und die Erlaubnis zur Durchfahrt bekommen. Wir jedenfalls machten uns im wunderbar wechselnden Abendlicht auf den Rückweg.

Die Fahrt zum Talschluss endete fast an einem riesigen Fahrverbot. Vorbeiführende Spuren ließen allerdings eher eine Baustelle mit Ausschluss des Verkehrs tagsüber vermuten. Vorsichtig fuhren wir in den stillgelegten Baustellenbereich ein und erreichten über eine neue Brücke die Straße zurück nach Kobarid. Bei einer genüsslichen Schlemmerei und einer Rotweinrunde im Camp ließen wir den ereignisreichen Tag ausklingen. Ein Morgenspaziergang lockte uns den Isonzo flußaufwärts zu einer Hängebrücke über die man eine Rundwanderung zu den Gedenkstätten des Weltkriegs machen kann. Uns zog es eher zu einem Wasserfall, den man als besonders sehenswert beschrieben hatte. Unter einer Brücke  plätscherte der Bach munter in die Tiefe. War's das, oder was? Erwartunsfroh und ein wenig skeptisch stapften wir weiter bachaufwärts. Der Weg führte uns ins Bachbett und über einen Steg einen Felsen entlang. Kein Wasserfall, nicht einmal ein fernes Rauschen, oder...Als wir um den Felsen bogen, fanden wir uns in einer weiten Höhle ohne Decke wieder, in die von oben der Bach hereinstürzte. Der Weg hat sich allemal gelohnt.

Wenige Kilometer südlich von Kobarid nahmen wir die Grenzkammstraße unter die Räder. Fahrtechisch ist die Strecke kein Problem dafür sind die Ausblicke atemberaubend. Ob weit nach Italien  oder tief ins Isonzotal hinunter, die Aussicht ließ uns immer wieder in langsamem Naturgenuss dahinrollen. Durch den Grenzkorridor erreichten wir Nova Gorica und machten uns auf den Weg zur Mündung des Isonzo. Dort erwartete uns eine verschlafene Schrebergartensiedlung mit Neusiedlersee-Flair. Vom klaren Oberlauf mit seinen schroffen Bergen hatten wir diesen Fluss bis zum entspannenden Übergang ins Meer begleitet und dabei eine wunderbare Stimmung in uns aufgebaut. Die wurde kurz darauf, bei der Ankunft in Grado, auf eine harte Probe gestellt. Ein durchorganisiertes Riesencamp am schlammigen Meeresstrand war nach unseren ungezwungenen Naturkontakten der Hammer. Die Pizza war die erste Versöhnung und unser Gruppenhumor überwand auch diese Hürde. Am nächsten Tag schlich ich im Morgengrauen zum Meer und erwischte eine Stimmung, die ich hier nicht erwartet hätte.

Kurz vor Pordenone wechselten wir auf die neue Straße nach Spilimbergo. Die verließen wir bei Vivaro und querten das Tal der Meduna. Bei einer Kapelle sammelten wir unsere kleine Truppe, dann ging es nordwestlich ins Bett der Meduna. Kreuz und quer verliefen die Schotterpisten auf gut 2km Breite und jeder hatte Platz genug für sein ganz privates Schottererlebnis.

Der rasche Wechsel zwischen tragfähigen Stellen und weichen feinen Bereichen würzte die Tour. Auch die grobkörnigen Hügel lieferten Überraschungen. Die runden Brocken rollten flink zur Seite und machten den grabenden Reifen nur zu bereit Platz. Michael erwischte so einen Parkplatz mit Aussicht und Martin bewahrte nur mit Mühe sein Gleichgewicht und das seines Pajero. Wir gönnten uns noch eine Mittagsrast am Medunaschotter bevor wir uns in die Berge von Tramonti zurückzogen. Dort suchten wir nach einem Tunnel, der vom Lago di Ca Selva zum oberen Stausee führen sollte. Leider war der Tunnel nur mehr für Servicefahrzeuge erlaubt. So suchten wir und fanden einen idyllischen Pfad am Stausee entlang. Am Abend erreichten wir das Camp in Tramonti di Sotto, das mich an kanadische Naturparks erinnerte. Wie vor einem Jahr waren wir fast die einzigen Gäste und der Wirt im Dorf freute sich, uns bekochen zu dürfen.  Die Querung von Tramonti di Mezzo direkt nach Osten existierte nur mehr auf unseren Karten. An einer Alm ist dort inzwischen das Ende der Straße. Wir überquerten die Berge in Richtung Pradis. Dabei gerieten wir durch ein Hinweisschild angeregt in die "Grüne Grotte", ein Höhlensystem, das der ortsansässige Pfarrer vor einigen Jahren erschlossen hatte. Inzwischen ist es zum Weihnachtstreff der Höhlenfreunde geworden. Über einen kleinen Pass gelangten wir zum Zusammenfluss von Tagliamento und Fella. Ein mutiger Straßenbau mit Brücke quer durch das Flussgebiet war vor einigen Jahren gescheitert. Nur ein kurzes Brückenstück ( Privatbesitz - betreten verboten ) erinnerte an den verlorenen Kampf mit den Flüssen. Wir nützten die Brücke zu einer Mittagsrast. Entgegen boshaften Kommentaren wurden wir nicht von einer Lebensmittelfirma gesponsert. Trotzdem gehören die gemeinsamen Mahlzeiten zu den besten Erinnerungen der Tour.

Wieder haben wir wunderbare Tage auf alten und neuen Wegen verbracht. Unsere Freundschaft hat gemeinsam mit den Freuden der Natur auch Regentage zum wohltuenden Erlebnis werden lassen. So werden wir auch nächsten August irgendwelche Pfade der Alpen besuchen und einige Tage im und aus dem Jeep leben.